7. Todestag

2./3. August 2024

 

der 7. Todestag

 

 

 

Trauer - wenn es eng wird in der Brust und der Atem stockt, Tränen still und unentwegt laufen …

 

 

 

Immer wieder zu wissen, "das ist nur der Kopf" - die Bilder, von Simons Sprung auf die Ostseite, als Leonie am Eisgrat einen Moment strauchelte, sich jedoch wieder fing - und der "Speed", der Ruck so stark war, dass es Stefan und Leonie umriss, runterriss und Simon dann über die Kante hinterher folgte - mit all ihrem Gepäck für vier Tage Wandern, Bergsteigen, Zelten, Essen, und der geplanten Bergführer-Tour, die Simon für einige Leute am letzten Tag noch machen wollte - da lebten sie schon nicht mehr .... all die Bilder, die beim Lesen der Augenzeugen-Bergtagebuch-Berichte so klar und bunt vor und dann in mir waren.

 

 

 

Tränen, viele Tränen, immer wieder, vor Klaus, der still bei mir im Hotelzimmer saß.

 

Meine Füße unter seinen Oberschenkel geschoben, mit dem Blick nach draußen ...

 

Tränen liefen und liefen.

 

 

 

Still waren wir. Kein Wort. Da braucht es keine Worte, so wenige Stunden vor diesem Todestag.

 

Ich konnte nicht gut einschlafen ~ Gebete ~ Mantren ~ Bilder ~ Leonie so nah und doch in der Ewigkeit.

 

 

 

Ich atmete lange ruhig und bewusst, mit meinen Gebeten und der Dankbarkeit für uns, unser Leben, für die Jungs, die Enkel - sieben Jahre - eine lange Zeit und doch ist da ein zeitloses Fenster in mir, dieses Erfahren von ihrem Tod, dieses Liebe spüren, völlig eingehüllt werden in diese Liebeswolke, als der Polizist von dem Absturz berichtete, von der Zeit, als es passierte, der Bergung am nächsten Tag, als abends die Polizei kam, nur 20 Minuten nachdem die Meldung dort eintraf. Sie fuhren gleich los um es uns mitzuteilen.

 

 

 

Wie ich kaum 10 Minuten später sagte: "Wir wissen jetzt noch nicht, was für Geschenke das für unser Leben bedeutet" ~ ich wusste, dass ich das nicht hätte sagen sollen. Das sagt keine Mama, die erfährt, dass ihre Kinder tot sind, abgestürzt in den Hochalpen der Schweiz am Eisgrat.

 

 

 

Sieben Jahre.

 

In diesen Jahren habe ich und wir alle ~ jeder für sich ~ Geschenke erfahren, sogar Wunder erlebt. Durch ihren Tod.

 

Ich bin zutiefst verbunden mit ihnen in ihrer Welt.

 

Sie sind präsent, nicht unentwegt, doch jedesmal, wenn ich an sie denke, wenn ich sie sehe, ihnen lausche, sie beobachte, Nachrichten, Zeichen, Botschaften bekomme, wenn ich etwas in der Natur entdecke, was mich an Sie erinnert. Die besonderen Zeiten wie das Herzberg Festival, das Sommercamp, an dem sie bis zu ihrem Tod jedes Jahr teilnahmen, ~ diese Schamanen-Gemeinschaft ist gerade jetzt in diesen Tagen wieder zusammen. Sie werden jedes Jahr in Schwitzhütten, im Talking-Kreis, bedacht, sind dort präsent.

 

 

 

Es ist schön das zu wissen.

 

Es tut gut, wenn jemand an sie denkt.

 

Es ist tröstlich, wenn jemand an uns denkt, an diesem besonderen Jahrestag, der unser Leben verändert hat.

 

 

 

Jede Mutter, jeder Vater, jeder Bruder, jede Freundin hat seither ein anderes Leben.

 

 

 

Der Tod von drei jungen Menschen, die auf tragische Weise von jetzt auf sofort in eine andere Welt fallen, verändert jedes Leben eines Menschen, der sich bewusst mit diesem Tod und somit mit seinem eigenen Leben, der Vergänglichkeit als Mensch, auseinander setzt.

 

Es gibt sicher viele Menschen, die überhaupt nicht (mehr) an uns oder an die Toten denken.

 

Das ist o.k.

 

Es berührt mich nicht mehr.

 

Am Anfang, als ich dachte, da müsste doch .... und nichts kam, gar nichts, von keinem einzigen meiner KollegInnen, da war ich geschockt, frustriert, ich konnte es einfach nicht verstehen.

 

Es ist Tatsache, dass viele Menschen ~ ich behaupte jetzt mal die meisten - nicht mit dem Tod umgehen können, nicht umgehen wollen.

 

Da ist es anscheinend das einfachste bzw. üblichste, eben nichts zu melden, kein Wort, kein Blick, kein Gruß.

 

Ich werde nicht mehr gekannt seit Leonies Tod. So einfach ist das für diese Menschen.

 

Schade, es sind viele gewesen, die sich so verhalten haben.

 

 

 

Nur jene, die ich persönlich ansprach und fragte, was es war, was es so schwer machte uns ein Zeichen zu geben ....

 

Ich habe öfter darüber geschrieben. Das brauche ich nicht mehr.

 

 

 

Es ist tröstlich, dass einige an uns denken, sich melden, etwas liebes schreiben.

 

Das tut gut.