Sterben, Tod und Abschied

 

14. März 2023

 

 

 

Es war still um mich, nach Aussen.

 

 

Im Inneren war es manchmal sehr wild und stürmisch.

 

 

Es geht wieder um Sterben und Tod.

 

 

Heute Morgen starb meine Schwiegermutter.

Am gleichen Tag vor 5 Wochen starb ihr Mann, dem sie so rasch wie möglich folgen wollte. „Wir müssen nicht lange aufeinander warten“ sagten sie mehrfach.

 

 

Das Sterben und der Tod ist das eine.

 

 

Es war o.k., wie die beiden aus dem langen, die letzten Jahre manchmal beschwerlichen Leben gingen.

 

Sie hatten einander.

„Der letzte Händedruck am Abend, der erste am Morgen“, wie ungezählte Male hat vor allem sie diesen Satz ausgesprochen.

Ich habe genickt und gesagt: „Ja, diese Dankbarkeit ist ein großes Geschenk. Schön, dass ihr euch noch habt“.

Natürlich wurde mehr und mehr Unterstützung gebraucht, doch sie hatten einander.

 

 

Der offizielle Abschied, die Beerdigung/Beisetzung meines Schwiegervaters vor 4 Wochen, war dann ein völlig anderes Kapitel für mich.

 

So eine übliche Beerdigung in einem kleinen Dorf, zu denen meine Schwiegereltern als Ureinwohner zählten, ist etwas, was zelebriert und würdevoll begangen wird.

 

Mit Rosenkrankranzgebet, einer Messe mit Ansprache persönlicher Bereiche rund um den Verstorbenen, die Prozession zum Friedhof, das Aussegnen in der Trauerhalle, die jungen, hochgewachsenen Männer, zwei meiner Söhne und zwei Nachbarsjungen, die den Sarg trugen und den Sarg in die Erde sinken lassen. Es roch die ganze Zeit nach Weihrauch.

Ich liebe Weihrauch und räuchere selbst oft die verschiedenen Weihrauchsorten. Manchmal, wenn mein Schwiegervater zu uns kam um etwas zu fragen, Kuchen zu bringen oder um etwas zu bitten, und es gerade nach Weihrauch roch, bemerkte er es. Öfter mit einer Frage, ob das Weihrauch sei, und wo ich den denn herhätte.

 

Zwei der Sätze des Pfarrers blieben mir in Erinnerung. Der eine, vor dem offenen Grab, als er den Sarg mit Weihwasser segnete: „Dein Körper war der Tempel Gottes“. Ich staunte, denn so einen Satz hätte ich nicht erwartet, bei einer katholischen Beerdigung. Der zweite Satz, zum Ende der Zeremonie am Friedhof, dass für jene gebetet werde, die als Nächste folgen.

Wow, das fand ich ebenso bemerkenswert.

Ein Onkel meines Mannes, meldete danach bei einigen Menschn an, dass er das nicht gut fand, das zu sagen. Und ich fragte ihn, als er seine Kritik bei mir wiederholte, weshalb er das Gebet für die Nächsten „nicht gut“ fände. Er antwortete nichts konkret darauf, doch wir sprachen darüber, dass es ja gewiss einen Nächsten geben würde, ob jung oder alt, es sterben täglich Menschen, auch in der Gemeinde, auch hier im Dorf oder woanders. Es ist liebevoll, für all jene zu beten, die nach dieser Beerdigung sterben werden.

 

 

Ich betete diese vielen Wochen immer und immer wieder, als beide schwach und erschöpft waren, und als die Schwiegermutter einen Tag vor der Beerdigung ihres Mannes nachts im kalten lag und ich sie morgens erst fand.

Ich betete und bete für all die Göttlichen Beistände, wie Jesus, Maria, all die Erzengel und Heiligen, die in den Messen gerufen werden, und die unzähligen Lichtwesen, die sich um das Bett aller Kranken, Schwachen, Leidenden und Sterbenden versammeln mögen und der Raum endlos weit wird, damit diese lichtvollen Begleiter darin Platz finden.

 

Die letzten zwei Wochen betete ich für all jene, die einsam sind, die sich nach Erlösung sehnen, nach einem gütigen Sterben, nach dem Licht, dem Paradies, nach zu Hause in Gott.

 

Ich betete darum, dass alle Verwandten und Anverwandten im Jenseits bereitstehen mögen und sie empfangen, sobald sie die Schwelle vom Leben aus, über die Regenbogenbrücke überschreiten würden.

 

Heute Nacht betete ich, zwischen meinen Schlaf- und Wachphasen. Es waren wieder die christlichen Helferinnen und Helfer, die in Scharen anwesend waren bei jenen, die am Abschiednehmen sind vom Irdischen. Ich war wach, als gegen halb fünf das Telefon ging. Klaus, mein Mann, fuhr ins Klinikum. Wenige Stunden später wieder, als seine Mama ins Licht gegangen war.

 

 

Ich bin in Frieden mit dem Tod der beiden alten Menschen, für die ich das helfen durfte, was in meinen Möglichkeiten stand.

 

 

Was in mir einen Tsunami auslöste waren auf der Beerdigung vor wenigen Wochen die vielen Menschen am Tröster, das laute Reden, Lachen, Würste essen und die große Menge an Beileidskarten. Täglich kamen noch viele per Post dazu.

 

 

Nun, wir hatten den Menschen im Dorf mit Leonies Tod diese offizielle Zeremonie am Friedhof verwehrt, da wir ja durch den Tod und die Einäscherung in der Schweiz keine Verpflichtung einer solchen hatten.

 

Deswegen kam auch kein Wort, kein Zeichen, keine Karte von Menschen aus dem Dorf.Im Grunde auch von sonst woher kaum etwas. Das kam als Erinnerung wieder stark in mir hoch, mit vielerlei Gefühlen.

 

 

Ich habe mich nach einigen Tagen wieder regeneriert. Und diese Ehrungen als ein wertvolles und tröstliches Zeichen der Anteilnahme und Wertschätzung für die Hinterbliebenen gesehen.

 

Dennoch hat es einiges in mir hochgespült. Fragen, weshalb es bei einem alten Menschen so eine Ehrerbietung gibt und überhaupt keine Spur beim Tod eines jungen Menschen?

Oder ob es doch alleine an uns lag, dass wir es anders gemacht haben, als hier üblich?

 

 

Es ist ein innerer Heilungsprozess in Gang gekommen und ich wünsche mir für mich selbst, dass diese zweite Beisetzung in wenigen Tagen hier im Dorf, emotionsfreier werden wird.

 

 

Meine Gebete gehen weiter, denn die Reise für jene, die die Erde verlassen, dauert eine Weile.

Vielleicht werden sie mir in meinen Träumen begegnen oder in Meditationen.

 

Dankbar für diesen für sie würdevollen Abgang von dieser Erde.

 

Ebenso ein Neuorientieren ohne die pflegebedürftigen Menschen in der direkten Nachbarschaft.